Unser Sohn steht gerade sehr auf Städtetrips. Die Osterferien liegen mit Ende März/Anfang April sehr früh im Jahr und somit ist es uns für eine Reise mit dem Bulli noch zu kalt. Abgesehen davon ist das Aufstelldach kaputt und das Fahrzeug in der Werkstatt. So kommt es, dass wir mit dem Zug für eine Woche nach Berlin reisen. Was wir in unserer Hauptstadt alles erleben und ob wir diesen Städtetrip empfehlen können, erzählen wir jetzt hier.
Anreise
Wir fahren mit dem ICE von Bochum nach Berlin Ostbahnhof und sind innerhalb von 4 Stunden am Ziel angekommen. Wir haben die Tickets einige Wochen im Voraus gekauft und für uns drei etwa 70€ für Hin-und Rückfahrt bezahlt inklusive Sitzplatzreservierung. Dazu muss man wissen, haben wir uns aber auch die ProbeBahnCard 25 gekauft. Die Zugfahrt selber ist relativ kurzweilig.
Osterprogramm der DJH Berlin Ostkreuz
Jugendherberge Berlin Ostkreuz ist für die ersten vier Tage unsere Bleibe. Wir kennen sie schon von früheren Aufenthalten. Diesmal haben wir das Osterprogramm gebucht. Wir werden mit einem bunten Osternest auf dem Zimmer begrüßt, ein Begrüßungscocktail gibt es später in der Bar. Karfreitag lassen wir uns ein herrliches Abendbuffet schmecken und Ostermontag futtern wir uns beim Brunch durch. Natürlich bekommen wir auch Besuch vom Osterhasen. Die Jugendherberge ist sehr familienfreundlich. Es gibt einen tollen Spielplatz, eine Spiel Area im Speisebereich, mehrere Aufenthaltsräume und Billard etc. im Keller. Die Lage ist ebenfalls gut: zwei S-Bahn-Haltestellen von Berlin Ostbahnhof entfernt und nur wenige Schritte vom Stadtteil Friedrichshain. In Friedrichshain wartet übrigens ein großartiges kulinarisches Angebot auf euch, ebenso in Kreuzberg.
Unterkunftswechsel
Leider gab es für unsere Reisezeit nicht mehr durchgehend freie Zimmer in der Jugendherberge, sodass wir einmal umziehen müssen. Weit ziehen wir aber nicht, bloß bis zum Ostbahnhof. Dort gibt es ein günstiges und modernes Hotel direkt an der East Side Gallery gelegen. Leider sind die Zimmer dort wirklich winzig, die Matratzen sehr weich und das Fenster kann man nur auf Kipp öffnen.
East Side Gallery
Das Denkmal East Side Gallery in Berlin-Friedrichshain ist eine dauerhafte Open-Air-Galerie auf dem längsten noch erhaltenen Teilstück der Berliner Mauer in der Mühlenstraße zwischen dem Berliner Ostbahnhof und der Oberbaumbrücke entlang der Spree. Die 1,3 Kilometer langen Überreste wurden nach der Wende von verschiedenen Künstlern bemalt. So wurde aus dem ehemaligen grauen Trennwall ein buntes Mahnmal und die längste Open-Air Gallerie der Welt. Unser Tipp: geht im Hellen und im Dunkeln an der Mauer vorbei, beides hat seinen Reiz.
Familienführung durch den Deutschen Bundestag
Familien mit Kindern zwischen fünf und 14 Jahren können mit vorheriger Anmeldung an einer kindgerechten Führung durch den Deutschen Bundestag teilnehmen. Das haben wir gemacht. Mit einer überschaubaren Gruppe sind wir am Ostermontag so 90 Minuten durch die heiligen Hallen gewandelt und haben ganz schön viel gelernt. Am Schluss waren wir noch auf der beeindruckenden Kuppel und haben uns Berlin von oben angeschaut. Die Aufgaben, die Arbeitsweise und Zusammensetzung des Parlaments sowie die Geschichte und Architektur des Reichstagsgebäudes wurde super erklärt. Die Führung ist kostenlos, findet samstags, sonntags und teilweise an Feiertagen statt, muss allerdings ein- bis zwei Monate im Voraus gebucht werden.
Holocaust-Mahnmal
Nur wenige Schritte entfernt vom Deutschen Bundestag und dem Brandenburger Tor erreichen wir das “Denkmal für die ermordeten Juden Europas“, wie es offiziell heißt. Das 2005 eröffnete Mahnmal besteht aus einem wellenförmigen Feld aus 2711 Betonstelen, das von allen Seiten durchgehbar ist. Beim Wandeln zwischen den verschieden hohen Säulen und den labyrinthartigen Gängen kommt bei Besuchern vielleicht ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit auf, der Raum für die Auseinandersetzung öffnen soll. Wir haben es auf der einen Seite als sehr beeindruckend, auf der anderen als sehr bedrückend empfunden.
Futurium – Museum der Zukunft
Wir machen eine Reise in die Zukunft und gehen ins Futurium in Berlin Mitte. Wie wollen wir in Zukunft leben? Interaktiv und multimedial gehen wir dieser Frage auf den Grund. Den Anfang machen wir auf dem Dach des würfelartigen Gebäudes, hier bietet ein Skywalk tolle Ausblicke auf das angrenzende Regierungsviertel. Es folgt die Ausstellung im Obergeschoss und das für Kinder besonders spannende Lab im Untergeschoss. Es werden Themen von Ernährung über Arbeitswelt bis zu Energiegewinnung oder Gesundheit behandelt. Wir lernen neue Materialien kennen, können mithilfe von künstlicher Intelligenz den Verkehr steuern oder uns nach einem Körperscan vom Wahlomat mitteilen lassen, welche Partei wir wählen sollten.
Insgesamt gibt es so viele Stationen (viele davon mit Hands-on Elementen), dass ein einziger Besuch gar nicht ausreicht. Wir sind an einem Wochenende dort und haben Glück am Family Open Lab teilnehmen zu können, zum Thema Roboter. So lernt unser Junior wie man die kleinen ozobot-Roboter steuert bzw. programmiert, der Krümel-Papa konfiguriert währenddessen Lego-Roboter. In den nächsten Wochen stehen im Family Lab Themen wie 3-D-Drucker und Demokratie der Zukunft auf dem Programm. Im Erdgeschoss gibt es einen Shop mit wirklich tollen kleineren und größeren Souvenirs für Entdecker und wissenschaftlicht interessierte Menschen. Der Eintritt ins Museum ist übrigens kostenlos.
DDR Museum
Die interaktive Dauerausstellung im DDR Museum präsentiert die überwiegend aus privaten Haushalten stammenden Exponate nicht nur klassisch in Vitrinen, sondern lädt explizit zum Berühren und Ausprobieren ein. Besonders gefallen hat uns der originale Trabant, bei dem man sich für eine Fahrt hinters Steuer setzen kann sowie die Plattenbauwohnung. Das private Leben ist am Beispiel einer originalgetreu eingerichteten Plattenbauwohnung für eine vierköpfige Familie im Stil der 1970er- und 80er-Jahre dargestellt. In Schubladen und Schränken, die geöffnet werden können, finden sich Alltagsgegenstände und Dokumente. Unser Sohn findet besonderen Spaß an dem Klingelbrett der Platte: je nachdem welche Klingel man hier drückt, bekommt man in original Berlinerisch einen Spruch gedrückt, entweder weil man mit den Klingelstreichen aufhören soll oder weil man für den Möbelpacker vom Umzugsunternehmen gehalten wird und so weiter.
Wannsee und Strandbad
Karfreitag ist im Strandbad Wannsee traditionell “anbaden” angesagt. Der Eintritt ist an diesem und den drei folgenden Ostertagen kostenlos. Der See hat zu dieser Jahreszeit eine Temperatur von unter 10 Grad, es handelt sich also um ein Angebot für wirklich Mutige. Allerdings werden diese Menschen auch belohnt: es warten zwei mobile Strandsaunen auf sie, dort können sie sich aufwärmen. Aber auch wenn man nicht baden möchte, so wie wir, ist es schön sich in den Sand zu setzen, auf den See zu schauen und die ersten Sonnenstrahlen zu genießen.
Das aus den 1920er Jahren stammende Eingangsgebäude und die Parkanlage dahinter haben schon ihren Reiz. Hinunter zum See führen einige Treppenstufen und dann gibt es auf zwei Ebenen unter Denkmalschutz stehende Wandelgänge, die Kiosk, Umkleiden, Sanitäranlagen und ein Restaurant miteinander verbinden. Am Ufer ist ein 1,2 Kilometer langer Sandstrand aufgeschüttet worden auf dem zahlreiche Strandkörbe zum Sitzen einladen. Es gibt einen FKK-Bereich und Spiel-und Sportmöglichkeiten. Eine wirklich tolle Anlage haben die Berliner hier und das ganze ist ein öffentliches Freibad. Übrigens das größte Binnenseebad in Europa!
Unweit des Strandbades Wannsee haben wir übrigens die beste Currywurst ever gegessen und wir haben in der einen Woche viele Wurstbuden getestet. In waschechtem Berlinerisch wurde uns groß und breit und völlig gratis obendrein erklärt, wie man eine richtige Currywurst zubereitet.
Deutsches Spionagemuseum
Das Deutsche Spionagemuseum zeigt in einer interaktiven und multimedialen Ausstellung die Geschichte der Spionage und der Nachrichtendienste der ganzen Welt. Auf rund 3000 Quadratmetern sind fast 2000 Exponate ausgestellt. Die meisten Exponate sind über Touchscreens erfahrbar. Zusätzlich bieten interaktive Stationen den Besuchern die Möglichkeit, Spionagetechniken selbst auszuprobieren. So kann man seine Geschicke zum Beispiel im Laserparcours testen oder sich dem Lügendetektor unterziehen. Bei letzterem hat der Junior die Krümel-Mama übrigens erfolgreich ertappt. Das Museum ist gut, allerdings nicht zu empfehlen, wenn man zuvor schon im Stasimuseum gewesen ist, es doppelt sich dann einfach Vieles.
Aussicht über dem Alexanderplatz genießen
Statt für auf den Fernsehturm zu steigen, haben wir uns für die günstigere Alternative gleich nebenan entschieden. Und zwar die Dachterasse des Park Inn by Radisson Berlin Alexanderplatz. Diese bietet in 120 Metern einen grandiosen Überblick über die Hauptstadt. Mit dem Aufzug aus der Hotellobby geht es bis fast nach oben. Die letzten Etagen müssen wir zu Fuß erklimmen. Oben angekommen zahlen wir ein paar Euro und können dann die Dachterasse betreten. Ein toller Ausblick ohne Wartezeit, dafür durchs Netz!
Flughafen Berlin- Tempelhof
Der Flughafen Berlin-Tempelhof war einer der ersten Verkehrsflughäfen Deutschlands und nahm 1923 den Linienverkehr auf. Am 30. Oktober 2008 wurde er geschlossen und 2010 für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Bereits auf dem Vorplatz informieren Tafeln und Kurzfilme über die Geschichte, so erfahren wir zum Beispiel alles über Berliner Luftbrücke während des Kalten Krieges. Im Besucherzentrum CHECK IN geht es weiter mit Informationen zur Historie und Zukunftsplänen. Hier beginnen auch die regelmäßig angebotenen Führungen, für die wir leider keine Tickets mehr bekommen konnten. Das Highlight des Flughafens ist der Tower, der einige hundert Meter weiter liegt. Von der holzgetäfelten Dachterasse aus ist man dem Berliner Himmel gleich viel näher und kann einen tollen Ausblick genießen. Leider war die Terasse während unseres Besuchs aufrund von Regen (Rutschgefahr) für Besucher gesperrt. Wir machen uns nichts daraus, setzen die Kapuzen auf und wandern ein Stückchen weiter aufs Tempelhofer Feld.
Seit die ehemaligen Start- und Landebahnen und die angrenzenden Grünflächen im Mai 2010 zur Erholungs- und Freizeitnutzung geöffnet wurden, ist mitten in der Metropole eine Oase für Menschen, Tiere und Pflanzen entstanden. In die über 300 Hektar große Fläche würden locker 420 Fußballplätze passen. Stattdessen ist auf dem Tempelhofer Feld alles erlaubt, was Spaß macht: Picknicken, Gärtnern, Radfahren, Inlineskaten– oder einfach nur im Gras liegen.
Gedenkstätte Berliner Mauer in der Bernauer Straße
Im Zentrum der Hauptstadt befindet sich die Gedenkstätte Berliner Mauer als zentraler Erinnerungsort an die deutsche Teilung. Am historischen Ort an der Bernauer Straße erstreckt sie sich über 1,4 Kilometer über den ehemaligen Grenzstreifen. Auf dem Areal der Gedenkstätte befindet sich das letzte Stück der Berliner Mauer, das in seiner vollen Tiefenstaffelung erhalten geblieben ist und einen hervorragenden Eindruck vom Aufbau der Grenzanlagen zum Ende der 1980er Jahre vermittelt.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die zum Westteil der Stadt gehörte, stehen das Besucherzentrum und das Dokumentationszentrum mit einem Aussichtsturm. Im S-Bahnhof Nordbahnhof wird die Ausstellung “Grenz- und Geisterbahnhöfe im geteilten Berlin” gezeigt. Sie dokumentiert die Auswirkungen des Mauerbaus auf das Verkehrsnetz der Stadt.
Das alles ist kostenlos zugänglich und hoch eindrucksvoll, auch für Kinder und Jugendliche.
Potsdam: Ausflug zum kleinen Brandenburger Tor
Die Krümel-Mama war schon einmal ein paar Tage in Potsdam und da die Nähe gegeben ist, möchte sie ihren Männern die kleine Schwester von Berlin zumindest kurz zeigen. Potsdam mit seinen Park-und Schlossanlagen und den zahlreichen historischen Gebäuden ist eine hübsche und sehr wohlhabende Stadt. Leider regnet es an dem Tag viel, wir überqueren hinterm Hauptbahnhof den Havelarm und sehen sofort die ersten prachtvollen Bauten (z.B. das Filmmuseum) der Stadt vorbei bis hin zum kleinen Brandenburger Tor. Wir schlendern durch die einladende Innenstadt. Besonders gut gefällt uns das Hollländische Viertel, hier glaubt man wirklich in den Niederlanden angekommen zu sein. Das Wetter lässt einen Besuch des Schlosses Sanssouci samt Parkanlage leider nicht zu. Dafür durchwandern wir auf dem Rückweg zum Bahnhof die wunderschöne Freundschaftsinsel , ein Naherholungsgebiet mit Parks und Gärten malerisch gelegen zwischen zwei Armen der Havel, der Alten und der Neuen Fahrt.
Was wir uns kostenlos, aber nicht umsonst angesehen haben
Wie ihr schon gemerkt habt, ist noch lange nicht alles, was wir in Berlin unternommen haben mit (hohen) Kosten verbunden. Das fällt in dieser geschichtsträchtigen und familienfreundlichen Stadt relativ leicht. Zum einen gibt es zahlreiche kreative Spielplätze über das Stadtgebiet verteilt, genauso wie Parks. Wir haben euch das Futurium, die Familienführung im Bundestag, die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße, das Holocaust Mahnmal, den Alexanderplatz mit dem Fernsehturm und den Wannsee als kostenlose Ausflugsmöglichkeiten vorgestellt. Mit Sicherheit gibt es noch viele mehr.
Die zahlreichen Sehenswürdigkeiten von Berlin wie z.B. das Brandenburger Tor, das Juden-Mahnmal und die Weltuhr auf dem Alexanderplatz oder die historische Ampel auf dem Potsdamer Platz und die East-Side Gallery sind auch frei zugänglich. Das KaDeWe und die Hackeschen Höfe haben wir uns ebenfalls angesehen und beides ist alleine schon an sich sehenswert, man muss nicht zwangsläufig etwas kaufen. Die neongelbe Warnweste mit Ampelmännchen hinten drauf musste die (viel radfahrende) Krümel-Mama im Ampelmännchenshop unbedingt kaufen. Sie wird jetzt täglich durch Bochums Straßen gefahren.
Übrigens noch ein Tipp, wenn ihr kein Geld für die teuren, roten Hop-on Hop-off Busse ausgeben möchtet, nutzt einfach die Linien 100, 200 und 300 und ihr kommt quasi auch an allen Sehenswürdigkeiten vorbei. Wir haben den Berliner ÖPNV übrigens mit dem Deutschland-Ticket genutzt, für uns hätte sich das Berliner Touristenticket nicht gerechnet.
Was die Krümel-Mama persönlich sehr begeistert hat, sind die vielen schönen unterschiedlich gestalteten U-Bahnhöfe/Haltestellen. Die alleine wären schon eine Sightseeingtour wert.
Unser Fazit nach einer Woche Hauptstadt
Es war schön, es war toll, es war interessant, es war aufregend, es war vielfältig, es war anstrengend, es war ermüdend, es war bunt, es war lecker und und und…
Berlin ist einfach immer wieder eine Reise wert, egal, wie oft man schon dort war. Es wird niemals langweilig. Dafür ist die Hauptstadt auch einfach zu groß.
Unser Krümel, für den es das erste Mal Berlin war, ist auch restlos begeistert. Er freut sich schon wie bolle im August zu einem Konzert gleich noch einmal mit dem Krümel-Papa hinreisen zu dürfen.
Alles in allem ist eine ganze Woche Berlin allerdings echt zu viel für uns gewesen. Es sind einfach zu viele Eindrücke. Das nächste Mal werden wir es wieder so machen wie in den Osterferien zuvor – ein paar Tage Ostsee und dann einen Städtetrip nach Hamburg.
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