Unsere Unterkunft
Unsere Bleibe für die nächsten vier Nächte ist das Beautiful Saigon Boutique Hotel. Es liegt in einer kleinen, engen Seitenstraße direkt im District 1. Hundert Meter weiter beginnt die Walking Street (ab 19 Uhr autofreie Zone! aber Roller sind ja keine Autos…), hier ist so etwas wie das Backpacker Paradies, es reihen sich Hostels und Hotels an Bars und kleine Geschäfte. Abends verwandelt sich die Straße gefühlt in eine wummernde und blinkende Disco. Davon kriegt man aber in unserem Zimmer nichts mit. Das Hotel besteht aus zwei Teilen, beide untergebracht in den typisch schmalen Häusern, eine Verbindung stellen das eigene und übrigens sehr gute Restaurant The Oasis Garden und der Hotelpool dar. Hierbei handelt es sich wirklich um eine kleine Oase mitten in der lauten und bunten Stadt. Das werden wir schnell zu schätzen lernen, ein wunderbarer Rückzugsort nach schweißtreibenden und ermüdenden Stadterkundungen.
Verkehrschaos
Wie ihr bereits wisst, dachten wir ja schon in den vorherigen Städten das Verkehrschaos schlechthin zu erleben, aber die Metropole Ho Chi Minh, übrigens größte vietnamesische Stadt, toppt echt alles. So etwas haben wir noch nicht gesehen!
Ich glaube, ich werde verrückt, ruft der Krümel aus.
Hier hat sich die Masse der Rollerfahrer gleich mal mindestens vervierfacht. Wie sie sich hier für uns ohne offensichtliche Verkehrsregeln zwischen den Autos hindurchschlängeln und wirklich immer in geballten Massen über die Hauptverkehrsstraßen fahren und das alles unfallfrei, das wird uns wohl immer ein Rätsel bleiben. Bereits im Taxi vom Flughafen zum Hotel kriege ich bald zuviel, weil ich ständig jemanden in uns hineinfahren sehe. Und die Taxifahrer fahren hier wirklich alle sehr seriös, das möchte ich an dieser Stelle einmal betonen.
Eines muss man der 7-Millionen-Einwohner Stadt jedoch lassen, hier scheinen Ampeln – wenigstens in den meisten Fällen – ihre ursprüngliche Bedeutung nicht verloren zu haben, hier kann man wirklich relativ sicher die Straße queren, wenn es denn ein Lichtsignal gibt. Die hätten hier ruhig mal ein paar mehr Ampeln hinstellen können! Andernfalls gehen wir hier wirklich nur gemeinsam mit Locals über die Straße. Einen enorm hohen Lärmpegel – unaufhörliche Motorengeräusche, Hupen, Quietschen, Brummen, Schreien – bekommt man gratis dazu. Es ist wirklich ein Schauspiel, muss man mal gesehen haben, aber gefallen tut es uns nicht.
Ich wundere mich gerade selber, aber ich fange schon wieder mit dem Verkehr an, denn auch, wenn Vietnam so viel Schönes zu bieten hat, ist das für europäische Augen hier vorherrschende Verkehrschaos (mit System) doch irgendwie sehr prägend; ein Bestandteil der Kultur.
Wir beziehen unsere Zimmer, räumen ein bisschen aus und dann springen wir sofort in den Pool. Was für eine herrliche Abkühlung! Wir haben hier übrigens zur Begrüßung ein Körbchen mit Obst überreicht bekommen. Auf der Dachterrasse zwischen den beiden Hotelgebäuden verbringen wir den restlichen Nachmittag. Ich habe Kopfschmerzen. Diese werden nach einem kurzen Spaziergang um den Block und einem eher schlechten Abendessen immer schlimmer. Der Lärm ist für mich kaum noch zu ertragen. Ich möchte wieder zurück in unser Paradies bei Tony und Tao. Ich flüchte schon um 20 Uhr ins Bett, während die Männer noch etwas Lesen bzw. Hörspiele hören.
Stadterkundung
Am nächsten Morgen sieht die Welt wieder ganz anders aus. Mit Blick auf den Pool genießen wir das umfangreiche Frühstücksbuffet, das sowohl Obst, Cerealien und Brot plus verschiedene Aufstriche sowie warme europäische und asiatische Speisen vorhält. Danach begeben wir uns auf eine erste Sightseeing-Tour.
Zunächst bleiben wir im nahliegenden Park an einem Spielplatz hängen, den der Krümel ausführlich erkundet und testet. Dort lernen wir ein vietnamesisches Großelternpaar kennen, das gerade mit seiner 2,5-jährigen Enkelin dort ist. Die Kleine ist wirklich süß und trällert fröhlich ein Lied während sie mit Oma, Opa und dem Krümel auf einer Art Schaukel sitzt. Wie so oft, wundert man sich hier über Krümels Größe für sein Alter.
Heute erscheint es uns gar nicht mehr ganz so fürchterlich auf der Straße wie gestern. Ist es die Gewöhnung? Vielleicht liegt es auch daran, dass wir uns nun mehr auf Seitenstraßen aufhalten. Im Übrigen können wir feststellen, dass die Hauptstadt Südvietnams relativ gut begrünt ist. Es gibt einige Parks und wir können fast durchweg unter schattenspendenden Bäumen entlanggehen. Vorsicht beim Laufen ist hier übrigens, wie überall in Vietnam geboten. Jeder Schritt will überlegt sein! Nein, das ist jetzt leicht übertrieben, aber genaues Hinsehen ist schon angesagt, da überall Stolperfallen lauern und Hindernisse zu überwinden sind. Nicht nur wegen der motorisierten Verkehrsteilnehmer, die entweder über den Gehsteig ausweichen oder aber ihr Vehikel einfach abstellen, wo sie gerade etwas zu erledigen haben (gekennzeichnete Parkplätze: Fehlanzeige). Nein. Manchmal tun sich auch einfach Löcher in der Erde auf, Gehsteigplatten wackeln oder sind mit großem Versatz verlegt, die Bürgersteige schließen mit hohen schrägen Kanten ab, es ragen Ringe von Gullideckeln aus dem Boden. Dann spielt sich das Leben der Vietnamesen auch großteils auf der Straße ab. Aus Garküchen (teilweise auf dem Motorroller) werden mithilfe von ein paar roten kleinen Plastikstühlen und noch kleineren Tischen flugs Restaurants am Straßenrand. Wenn gerade keine Kundschaft da ist, wird entweder selber gegessen, das Kind gestillt oder auch schon mal das Haar der Nachbarin frisiert.
In den Rinnsteinen und auf dem Weg liegt häufig Müll. Das ist auch so etwas, was uns hier in den letzten zwei Wochen aufgefallen ist. Der Müll – hier scheint noch nicht wirklich angekommen zu sein, dass wir unsere Umwelt schonen und pflegen müssen, wenn wir noch länger etwas von ihr haben möchten. Gnadenlos wird hier alles in Plastik verpackt bzw. eingeschweißt, Plastiktüten werden verschwenderisch ausgegeben und hinterher achtlos weggeworfen. Hotels geben Einmalzahnbürsten etc. aus, kaum ist ein Tütchen mit Wattepads aufgerissen, aber noch nicht aufgebraucht, entsorgt der Zimmerservice es bei nächster Gelegenheit und stellt uns ein neues hin. Und wir zuhause machen uns Gedanken darüber, wo wir Plastik einsparen können.
Zum Glück liegt unsere Unterkunft so zentral, dass wir alles gut zu Fuß erreichen können. Zunächst führt uns unser Weg zur Saigon Notre-Dame Cathedral Basilica, die leider wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist. Weihnachtlich geschmückt wurde außen herum trotzdem, u.a. mit einer großen Krippe samt Figuren. Nebenan liegt gleich das alte und wunderschöne Hauptpostamt, das auch immer noch in Betrieb ist. Es handelt sich wie bei der Kathedrale um ein Gebäude im Kolonialstil. Gustav Eiffel, der auch den Eiffelturm in Paris entworfen hat, hat es designt. Es soll ein bisschen an eine Bahnhofshalle erinnern und das tut es auch. Innen drin hängt ein großes Porträt von Ho Chi Minh. In den alten Telefonzellen stehen heute Geldautomaten. In einer Ecke sitzt der Briefeschreiber, von dem wir schon öfters gelesen hatten. Es handelt sich um einen alten Herren, weit über 80 Jahre alt, der früher als Postbeamter und Briefeschreiber hier angestellt war. Noch immer kommt er täglich hierher um Menschen, die des Schreibens nicht fähig sind, ihre Briefe zu schreiben. In Englisch und Französisch übersetzen kann er auch. Er ist hier schon so etwas wie eine Ikone.
Parallel zu dem Gebäude verläuft die Bücherstraße. Für uns als Leseratten ein Muss. Eine ganze Straße nur mit Buchläden, überwiegend mit Neuware, teilweise aber auch mit Antiquitäten. Hauptsächlich werden hier Werke in vietnamesischer Sprache verkauft, es gibt aber auch englische Literatur. Der Krümel und ich durchstöbern die Läden nach uns bekannter Kinderliteratur. Und wir finden auch so Einiges, z.B. Peter Pan oder Pippi Langstrumpf. Und da der Krümel des Lesens noch nicht mächtig ist, juckt ihn die Sprache sowieso nicht großartig und er blättert interessiert vietnamesische Kinderbücher durch: Mama, es gibt hier auch Bilderbücher mit Feuerwehrautos und Dinos, so wie bei uns!
Am Unabhängigkeitspalast kommen wir auch noch vorbei, allerdings haben wir für heute genug. Wir wollen nur noch zwei Dinge: etwas essen und dann ganz schnell eine Abkühlung im Pool genießen. Der Krümel hatte vorher schon ein Croissant im Mc Cafe verspeist, nachdem wir dort eine ausgedehnte Pause und er ein Nickerchen gemacht hatten.
Rauf in die Rooftopbar
Abends essen wir bei uns im Hotel und gehen danach die Straße hoch in die View Rooftop Bar. Man nimmt den Aufzug eines Hotels bis in die 7. Etage und steht mitten in der Bar auf dem Dach des Hauses. Cocktails, mit und ohne Alkohol, kann man hier bei toller Aussicht über die Stadt genießen. Und das machen wir dann auch. Überall ist mit bunten Lampions geschmückt, das erinnert ans schöne Hoi An. Und wir sind dem Straßennlärm entkommen. Hier lassen wir den Abend ausklingen.
Besuch des Unabhängigkeitpalastes
Am nächsten Tag erkunden wir den Unabhängigkeitspalast. Ich lasse hier mal einfach die Bilder sprechen:
Streetfood Market
Als wir den Palast einmal von oben bis unten gesehen haben, sind wir platt und setzen uns erst einmal ins Cafe dahinter. Dort gibt es auch einen Spielplatz, den hat der Krümel sich jetzt redlich verdient. Abends gehen wir noch mal in dem tollen Streetfood Market; direkt am Ben Thanh Market gelegen, essen. Hier bekommt man lokale Gerichte und welche aus der ganzen Welt, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Entweder man sitzt draußen vor der Halle auf Holzbänken oder in der ersten Etage mit Blick auf das Treiben unten. Eine tolle Atmosphäre, hier fühlen wir uns wohl. Auf dem Weg zurück zum Hotel schlendern wir noch über den Nachtmarkt, der ist aber nichts Besonderes.
Bus fahren in Vietnam
Irgendwann im Laufe des Tages hatte der Krümel gefragt: Warum fahren wir eigentlich nicht mal mit dem Bus? Unberechtigt ist diese Frage nicht, es fahren in aller Regelmäßigkeit die verschiedensten Linien an uns vorbei. Sie machen alle einen recht ordentlichen Eindruck auf uns und überfüllt sind sie auch nicht. Klar, denn man fährt hier ja auch Roller! Und am nächsten Morgen wollen wir uns gerne eine Pagode anschauen, die in District 3 liegt, da könnten wir sowieso nicht hinlaufen. Also machen wir uns daran herauszufinden, wie das hier funktioniert mit den Bussen. Das ist gar nicht so einfach. Von anderen Asien-Reisebloggern erfahren wir keine Hilfe. Offensichtlich haben sich die wenigsten bisher daran getraut. Es soll einen Busbahnhof geben in der Nähe des Ben Thanh Market und dort sollen auch Fahrpläne hängen, aber irgendwie versteht uns keiner als wir danach fragen. Allerdings findet der Krümel-Papa heraus, dass es eine App für den Busverkehr gibt. Start und Ziel muss man angeben und dann werden dir Busverbindung herausgesucht. Das Ganze funktioniert glücklicherweise auch offline.
Am nächsten Morgen versuchen wir unser Glück. Wir stellen uns an eine Haltestelle in der Nähe unserer Unterkunft und winken dem Fahrer zu. Er hält tatsächlich und wir können einsteigen. Beim Fahrkahrtenkontrolleur können wir Tickets kaufen. Der Krümel ist frei, wir Erwachsene zahlen für uns beide zusammen umgerechnet nicht ganz 0,50€ für zwei Einzelfahrten. Die Haltestellen werden nicht angezeigt, nur angesagt. Da wir kein Wort verstehen, zeigen wir dem Kontrolleur, wo wir hinwollen und bitten ihn uns Bescheid zu geben, wenn wir angekommen sind. Das klappt gut. Wir sind übrigens – oh Wunder die Einzigen Touristen im Bus. Wir werden an diesem Tag noch mehrmals mit dem Bus fahren.
Jade Emperor Pagode
Zunächst steigen wir also im District 3 aus, hier finden wir eine ärmlichere Gegend vor als sie es in District 1 ist. Die Jade Emperor Pagode ist kein Touri-Ding, sondern ein richtig genutzter taoistisch buddhistischer Tempel. Und es ist eine Menge los. Kinder tollen über denPlatz, hier wird gesungen, gebetet, gegessen, Räucherstäbchen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Sehr beeindruckend. Vorsichtig schauen wir uns alles an, immer bedacht darauf nicht stören zu wollen.
Auf zu District 1
Danach fahren wir zurück nach District 1. Hier schauen wir uns das Opera House und das Rathaus der Stadt an. Prunkvolle Gebäude in einer prunkvollen und völlig asienuntypischen Gegend. Breite und saubere Straßen mit viel Platz zu beiden Seiten, sehr gemäßigter Verkehr, keine Garküchen am Straßenrand, ein Glaspalast neben dem anderen. Wir haben den Eindruck soeben in eine andere Welt eingetaucht zu sein.
Das Ganze schauen wir uns dann auch noch einmal von oben an. Wir gehen nämlich auf Empfehlung in The Cafe Apartment.
Es handelt sich dabei um ein in die Jahre gekommenes ehemaliges Apartmenthaus, aus dessen Wohnungen kleine Cafes und Geschäfte gemacht worden sind. Es gibt neun Stockwerke und es ist ganz nett anzusehen, allerdings hätten wir uns mehr davon versprochen. Wir machen im 6. Stock im 8ieltz Cafe eine Kaffeepause.
Unser Fazit zu Vietnam
Wir haben einen Teil von Zentral-und Südvietnam kennenlernen dürfen. Es hat uns sehr gut gefallen. Eine neue und großartige Erfahrung, kulturell und gustatorisch. Besonders mag ich, dass das Leben hier zu großen Teilen draußen auf der Straße stattfindet und man dabei zukucken kann. Die Leute leben hier vielmehr miteinander als in Deutschland, wo man oftmals eher anonym nebeneinander her lebt. Ein Kulturschock war es nicht für uns, da wir zuvor schon zweimal in Asien waren. Allerdings sind wir froh, dass wir nicht in Ho Chi Minh gestartet sind und würden es auch keinem Asien-Neuling empfehlen. Denn der Verkehr und vor allem der dazugehörige Lärm ist nicht zu unterschätzen. Das gilt sicherlich für alle größeren Städte, wobei es in Saigon mit Sicherheit am schlimmsten ist. Das fanden wir wirklich schrecklich. Trotzdem handelt es sich um eine bunte und voller Überraschungen steckende Stadt, die man auf jeden Fall mal gesehen haben sollte. Dann aber unbedingt darauf achten, dass man ein ruhiges Hotel hat, in dem man nach der Sightseeingtour entspannen kann. Am besten gefallen hat es uns allerdings in Hoi An. Ich habe mich natürlich sofort in die vielen bunten, leuchtenden Lampions verliebt. Außerdem hatten wir eine grandiose Unterkunft, abseits vom Trubel der Stadt. Das Umland mit dem Fahrrad erkunden zu können und dabei auch kleine Einblicke in das Leben der Menschen dort zu bekommen, war eine tolle Erfahrung.
In Da Nang haben wir begonnen und besonders den schönen Strand gemocht. Wir fürchten allerdings, dass es nicht allzu langer Zeit dort nicht mehr so ruhig und schön sein wird. Denn dort, wie auch an anderen Stellen des Landes, wird in Hochtouren daran gearbeitet dem Tourismus noch mehr Platz zu lassen. Hotelkomplexe werden hochgezogen, in Ho Chi Minh wird gerade an einem U-Bahn-System gearbeitet und Häuser wie das Cafe Apartment werden zwischen all den Hochglanz-Gebäuden nicht mehr lange standhalten können.
Wir möchten auf jeden Fall gerne wiederkommen, um auch noch den Norden des Landes kennenlernen.
Dem Krümel, bei dem wir gedacht haben, ihm macht der Verkehr am wenigsten aus, ist übrigens interessanterweise aber genau der als Negativerfahrung hängengeblieben. “Das ist mir hier alles viel zu laut gewesen.”
Ein ganz netter Nebeneffekt in Vietnam ist übrigens, dass man mit nur 38 € zum Millionär wird, dem Wechselkurs sei dank.
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Totales Chaos, muss man gesehen haben.
Heute komme ich endlich dazu deine Berichte in Ruhe zu lesen. Sehr spannend bis jetzt