Die Osterferien 2025 liegen so spät im April, dass wir uns für einen Roadtrip mit dem Bulli entscheiden. Ursprünglich war der Plan noch einmal an den Bodensee zu fahren, nachdem der Krümel und ich im letzten Jahr alleine dort waren. Aufgrund der schlechten Wetterprognose müssen wir uns aber kurzfristig ein neues Ziel suchen. Zu unserem großen Erstaunen ist ausgerechnet auf der Insel sehr viel besseres Wetter vorhergesagt als überall um uns herum.
Neue Einreisebestimmungen für´s Brexit-Land
Großbritannien gehört seit 2020 nicht mehr zur Europäischen Union. Daher brauchen wir auf jeden Fall einen Reisepass für die Einreise auf die Insel. Dieser alleine reicht seit dem 2. April 2025 jedoch nicht mehr aus. Zusätzlich benötigen wir eine elektronische Einreisegenehmigung, kurz ETA. Die ETA ist gebührenpflichtig (16 GBP pro Person) und dann für zwei Jahre gültig. Sie kann über die vom britischen Innenministerium zur Verfügung gestellten ETA App oder online über die Webseite GOV.uk beantragt werden; der Antrag sollte mit ausreichendem zeitlichem Vorlauf (mindestens drei Tage) gestellt werden- so die Empfehlung. Der Krümel-Papa hat sich aufgrund der Kurzfristigkeit unseres Reisevorhabens einen Tag vorher darum gekümmert und umgehend die Mail mit den Einreisegenehmigungen für uns alle drei zugeschickt bekommen.Glück oder die Regel? Wir wissen es nicht.
Seit dem 12. April 2025 gibt es eine weitere Neuerung: Reisende dürfen kein Rind-, Schaf-, Ziegen- und Schweinefleisch sowie keine Milchprodukte mehr aus EU-Ländern für den persönlichen Gebrauch nach Großbritannien einführen. Natürlich haben wir uns vorschriftsmäßig daran gehalten, kontrolliert hat es aber tatsächlich niemand.
Die Anreise über Calais mit der Fähre
Wir entscheiden uns für eine Fährüberfahrt von Frankreich aus und gegen die Nutzung des Eurotunnels.
Wir fahren zunächst vom Ruhrgebiet nach Calais mit einem Zwischenstopp in Oostende/ Belgien zum Pommespicken. In der Hafenstadt Calais übernachten wir auf dem zentralgelegenen und städtischen Campingplatz “La Plage”. Dieser verfügt über große Pazellen, Strom inklusive,saubere Sanitärhäuser, einen Aufenthaltsraum und einen Spielplatz. Sogar einen kleinen Tante Emma Laden gibt es. In diesem besorgen wir uns vor der Abreise am nächsten Morgen natürlich noch original, französische Croissants. Yummi!

Wir setzen mit der 10:30 Uhr Fähre von Calais nach Dover über. Die Fahrtzeit beträgt 1,5 Stunden, da es aber eine Zeitverschiebung von einer Stunde zwischen Frankreich und Großbritannien gibt, sind wir quasi schon eine halbe Stunde später auf der anderen Seite, also 11 Uhr Ortszeit.
Unsere Reiseroute
Wir sind in der zweiten Osterferienhälfte ab Karfreitag unterwegs, d.h. wir haben eine gute Woche oder anders gesagt neun Nächte und zehn Tage zur Verfügung.
- Ruhrgebiet-Calais (Tag 1)
- Calais-Dover-Rye-Hastings (Tag2)
- Hastings (Tag 3-4)
- Hastings-Brighton (Tag 4)
- Brighton (Tag 4-6)
- Brighton-London (Tag 6)
- London (Tag 6-8)
- London-Dover-Calais (Tag 9-10)
- Calais-Ruhrgebiet (Tag 10)
Calais- mehr als nur ein Seehafen
Auf der Hinreise laufen wir vom Campingplatz aus in die Stadt, die auf den ersten Blick nichts Besonderes ist. Schaut man genauer hin, merkt man aber schnell, dass es hier eine interessante Verschmelzung von Alt und Neu gibt. In einem Supermarkt besorgen wir uns Baguette, Käse und Couscous-Salat und verspeisen diese Leckereien in einem nahegelegenen Park auf einer Bank sitzend. Wir sehen an diesem Abend noch Überbleibsel von der früheren Zitadelle und einige schöne Graffitis.
Auf der Rückreise haben wir etwas mehr Zeit und gehen einmal in die entgegengesetzte Richtung zum Strand und Hafen herunter. Dabei kommen wir übrigens auch an der Behausung des Drachen von Calais vorbei. Am Meer angekommen, erwartet uns feinster, kilometerlanger Sandstrand und eine attraktive Promenade mit Sitz-und Sportgelegenheiten, mit Spielplätzen und kleinen Imbissbuden – hier wurde mächtig investiert, das sieht man. Ausführlichere Infos zu der wirklich nicht uninteressanten Hafenstadt findet ihr zum Beispiel auch im Frankreich-Blog von Hilke.

Linksverkehr mit einem Linkslenker und Meilen statt Kilometer
Auf der Insel heisst es dann für den Krümel-Papa ohne jegliche Übungsmöglichkeit im Vorhinein: ab in den Linksverkehr mit unserem Linkslenker-Bulli. Und was sollen wir sagen? Natürlich ist es ungewohnt und gewöhnungsbedürftig. Da aber relativ wenig Verkehr ist , die Engländer sehr umsichtig fahren und man sich im Grunde ja an dem voranfahrenden Fahrzeug orientieren kann, klappt es ganz gut. Da der Fahrer auf der falschen Seite sitzt, sind natürlich des öfteren die Augen der Beifahrerin gefragt, aber auch das geht ganz gut. Etwas knifflig sind und bleiben immer die Kreisverkehre, von denen es unzählige gibt und das in verschiedensten Ausführungen.
Im Bulli kann man die Kilometeranzeige auf Meilen umstellen, was wir auch direkt gemacht haben. Natürlich ist man immer noch gewöhnt auf die Tachoanzeige zu schauen, aber es hilft immerhin etwas.

Mittelalterort Rye
Wir verlassen das Hafengebiet von Dover und passieren recht schnell riesige, grüne Wiesen mit weidenden Schafen darauf. Ganz genau so stellt man sich wohl gemeinhin England vor. Wir steuern zunächst den Mittelalterort Rye an. Dieses wirklich schnukkelige Örtchen ist touristisch stark frequentiert, durch die Ostertage sicherlich noch einmal ganz besonders. Es ist gar nicht so leicht einen Parkplatz zu finden. Irgendwann haben wir aber dann einen auf der anderen Hafenseite zwischen einem Hotel und einer Waschanlage gefunden (für 6 GBP).
Über eine Pflastersteinstraße mit ordentlich viel Steigung laufen wir in den oberen Teil des Örtchens und bleiben bei schönstem Sonnenschein erst einmal in dem Biergarten eines Pubs hängen. Danach schlendern wir durch die alte Burgfestung (die Kanonen stehen auch noch) an der Stadtmauer zurück zum Hafen und lassen uns dort unsere ersten Fish &Chips auf der Insel schmecken.
Später geht es weiter zu unserer ersten Campingdestination auf der Insel, nach Hastings in den Shearbarn Holiday and Touring Park.

Hastings
Am nächsten Tag erkunden wir das Stadtzentrum von Hastings. Das ist vor allem für Kinder auch ein Abenteuer. Der Hafen mit den alten Fischerhütten und mehreren kostenfreien, kleinen Museen. Wir schauen uns das Schiffswrackmuseum an. Der Ort verfügt über eine eigene kurze Standseilbahn – so in der Art haben wir in Budapest schon einmal eine gesehen.
Die wunderschöne Altstadt, wo du das Gefühl hast in der Winkelgasse bei Harry Potter gelandet zu sein. Ein Antiquitätenladen neben dem nächsten dazwischen Boutiquen, Pubs und Candyshops. A propro Candyshops: in einem der Süßigkeitenläden lag verführerisch aussehendes Fudge (was wir bis dahin noch nie gegessen hatten) im Schaufenster. Durch die offen stehende Tür strömte ein verlockend, süßer Duft nach Karamell und zog uns so hinein. Der Geschäftsinhaber war gerade damit beschäftigt in einem riesigen, goldenen Kessel mit blubberndem Karamell zu rühren. Als er uns ein Stückchen zum Probieren anbietet, ist es komplett um uns geschehen. Natürlich gehen wir mit einer Tüte Fudge in der Hand wieder raus.

Im modernen Teil von Hastings entscheiden wir uns kurzentschlossen für ein zweites Frühstück im Royal Café, das uns mit All Day Breakfast für 8 GBP angelockt hat.

Am Hafen hat das Städtchen eine Adventure Minigolf Anlage,Gokarts, Trampoline und einen kleinen Freizeitpark zu bieten. Am besten gefällt uns aber die kleine Eisenbahn, mit der man sich ein Stück durch Hastings fahren lassen kann.
Unser Campingplatz in Hastings
Vom Campingplatz Shearbarn Holiday and Touring Park aus sind wir über einen der zahlreichen Wanderwege über Klippen und grüne Wiesen innerhalb einer halben Stunde ins Zentrum von Hastings gelaufen.
Der Platz an sich ist weitläufig, aber einfach gehalten. Im Prinzip handelt es sich um zwei größere, grüne Wiesen. Direkt hinter der Rezeption gibt es eine ganze Menge Mobilheime, Gastronomie und ein Schwimmbad. Auf den Camper-und Zeltwiesen gibt es einfache und saubere Sanitäranlagen- sehr viel los ist nicht. Bei unserer Ankunft sind die Mitarbeiterinnen in der Rezeption gerade damit beschäftigt die Ostereiersuche für den nächsten Tag vorzubereiten.
Über Beachy Head ins Seebad Brighton
Nach zwei Tagen in Hastings geht es für uns weiter an der Küste entlang. Wir halten am Beachy Head (fahrt unbedingt an Parkplatz 1 und 2 vorbei, danach kommen nämlich dann die Kostenlosen) an und wandern eine Stunde an den Klippen mit Blick auf die weißen Kreidefelsen die grüne Wiese entlang. Der Krümel hat Spaß daran mit den gefundenen Kreidestückchen die Metallstangen des Abperrseils weiß zu markieren. Die Absperrung ist hier durchgehend und großzügig am Rand der Klippen entlang angebracht,hält aber nicht alle Touristen davon ab weiterzugehen. Die überhängenden Felsen aus dem weichen Kreidestein sind aber wirklich nicht zu unterschätzen. Während wir unterwegs sind verzieht sich auch der morgendliche Nebel. Wir sparen es uns zu den populären Seven Sisters weiterzufahren – hier ist es schön genug.

Dann geht es für uns in Richtung des nächsten Seebades, das gleichzeitig eine relativ große Universitätsstadt ist: Brighton.
Dort bzw. im 11 Meilen entfernten Lancing angekommen, verbringen wir einen ruhigen Nachmittag auf dem Campingplatz, kochen uns etwas und besuchen abends einen nahe gelegenen Pub, während der Krümel den Abend mit seiner Spielekonsole verbringt.
An Tag 2 in Brighton fahren wir mit dem Bus (Tagesticket für 10 GBP für uns drei) in die Stadt. Die nächste Bushaltestelle ist vom Campingplatz zehn Gehminuten entfernt, der Bus 700 kommt alle zehn Minuten und fährt etwa 40 Minuten bis ins Zentrum. Hier fahren fast ausschließlich Doppeldecker durch die Gegend und zwar richtig hohe. Wir haben Glück und bekommen auch einen. Und natürlich stürmen wir nach oben und belegen die Plätze in erster Reihe. Das begeistert nicht nur Kinderherzen.

Zunächst schlendern wir am Pier entlang, die 2 GBP, die man zahlen müsste, um auf die Seebrücke gehen zu können, sparen wir uns, zumal dort eine Art Kirmes aufgebaut ist, wo man jedes Fahrgeschäft noch einmal einzeln zahlen müsste.
Dafür gibt es einen kilometerlangen Kieselstrand, also unendlich viel Wurfmaterial für den Krümel. Es gibt sogar Menschen, die im Wasser schwimmen und wir haben gerade mal 14 Grad Außentemperatur. Brrr!
Dann folgen wir den Schildern zu The Lane, ein interessantes Viertel mit vielen verwinkelten Gässchen, Pubs, Cafés und auffällig vielen Juwelieren. Auch ein paar süße Krimskrams Läden sind hier zu finden.
Zum Mittag kehren wir in den Pub Druids Head ein und essen vorzügliches Mashroom Chilli, Burger und Sandwiches. Ein Einkaufszentrum und einen Stadtsupermarkt weiter und wir machen uns auf die Rückreise, um den Tag mit Tischtennis, Fußball und Bücherlesen auf dem Campingplatz ausklingen zu lassen.
Unser Campingplatz bei Brighton
The Barn Caravan Park in Lancing liegt etwas außerhalb von Brighton. Dabei handelt es sich eher um eine großzügige Wiese hinter einem Privatgrundstück am Rande eines Wohngebiets als um einen herkömmlichen Campingplatz. Der Platz ist mit viel Herzblut gestaltet; es gibt ein Trampolin, ein Kletter-und Schaukelgerüst, eine Tischtennisplatte und Fußballtore. Die Sanitäranlagen sind vorbildlich sauber und komfortabel. Es gibt eine Art Mini-Kiosk, der aktuell aber nicht besetzt ist. Unsere persönlichen Highlights sind der typische, englische rote Briefkasten und die rote Telefonzelle. Der Betreiber des Platzes ist ein herzlicher und unkomplizierter Engländer, der noch nie in Deutschland war, wie er uns verrät.
Auf nach London!
Am nächsten Tag machen wir uns dann aus Sicht des Krümels endlich auf den Weg Richtung London, da fiebert er schon die ganze Zeit drauf hin. Vorher machen wir aber noch einen Stop im Lidl. So ein Einkauf im Ausland dauert bei uns immer etwas länger, zum einen natürlich weil wir uns erst einmal orientieren müssen, zum anderen aber auch weil wir all die landestypischen Lebensmittel, die man im deutschen Sortiment nicht findet, erst einmal ausführlichst begutachten. So bringen wir dem Krümel, der im Auto gewartet hat, u.a. Käsecracker, Shortbreadfingers, Englisches Weingummi und Bagels und Thins mit. Muss man doch alles mal probiert haben oder nicht?
Wir haben uns für einen -genau genommen den einzigen- Campingplatz außerhalb der London Emission Zone entschieden, Alderstead Heath.
Zuvor halten wir in Redwood Aerodroom am Hangar 9 Café. Von hieraus hätte man bei gutem Wetter tolle Sicht auf Flugzeuge und Hubschrauber Starts und Landungen. Heute ist es diesig und kalt, dafür genießen wir ein leckeres zweites Frühstück – Englisch Breakfast und Scones with clottet cream und marmelade.
Wir berichten in einem gesonderen Artikel noch über unsere Erlebnisse in London.
Die (spontane) Rückreise mit der Fähre
Da wir so flexibel wie möglich bleiben wollen ( vor allem auch aufgrund des Wetters) haben wir Hin-und Rückfahrt nicht zusammen gebucht. Leider haben wir die Fähre auch nicht einen Tag vor letztmöglicher Abfahrt für uns gebucht. Das war, im Nachhinein betrachtet, ziemlich naiv und kostet uns eine Menge Lehrgeld. Denn am selben Tag die Rückfahrt zu buchen bzw. sogar erst am Fährhafen ein Ticket zu kaufen, hat uns eben mal den doppelten Preis gekostet. Wie heißt es so schön? Im Nachhinein ist man immer schlauer. Dafür waren wir maximal flexibel! Man kann nicht alles haben.
Unser Fazit zur Insel
Die Lebenshaltungskosten sind noch höher als die in Deutschland. Diesel kostet pro Liter etwa 1,54 GBP (ca. 1,78 Euro), einmal essen gehen für drei Personen in einem günstigen Restaurant kostet mindestens 60 GBP, das rund 70 Euro sind. Ein inländisches Bier vom Fass kostet an die 8 Euro/halber Liter.
Den Krümel hat die Reise unglaublich motiviert Englisch zu sprechen bzw. generell seine Englischkenntnisse anzuweunden und hat gemerkt, dass es vielleicht doch nicht alles so verkehrt ist, was ihm in der Schule beigebracht wird. Zum Schluss hat er von sich aus den Wunsch geäußert noch einmal wiederkommen zu wollen auf die Insel, und Irland oder Schottland zu bereisen. Da sagen wir doch nicht nein, vor allem wo es mit den Linkslenker im Linksverkehr jetzt doch relativ easy war. Gedanklich basteln wir schon an Reiseplänen nach Schottland in den Sommerferien 2026.
Wir können auch bestätigen, dass das mit der ETA sehr flott ging. Sonntag mittags beantragt kam auch 2 Stunden später schon die Mail.